„Bahnbrechendes Urteil“ gegen Bahnlärm gekippt

In Trudering hatten Anwohner der Truderinger Spange gegen Bahnlärm erfolgreich geklagt.

Dieses Urteil des LG München aus dem Jahr 2014 (Az. 10 O 2798/10) wurde von vielen Anwohnern als Meilenstein angesehen, da die Bahn zu aktiven Lärmschutzmaßnahmen verdonnert wurde anstelle der üblichen Urteile zum Einbau von Lärmschutzfenstern.

Doch dies ist nun Schnee von gestern. Die Bahn hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und war damit vor dem OLG München erfolgreich (Az. 13 U 2644/14).

Interessant war der Fall dadurch, dass

a) das Haus im Jahr 1911 von der Familie erworben wurde, die Bahnlinie an dieser Stelle aber erst 1939 in Betrieb ging

b) es keine Genehmigung der Bahnlinie von damals gibt, also die Frage des Bestandsschutzes unklar war

c) die Klage sich auf das BGB und damit indirekt das Grundgesetz beruft und nicht auf Verwaltungsrecht (Plangenehmigungsverfahren)

Das Urteil fügt sich in einer Reihe bahnfreundlicher Urteile ein, welche den Bestandsschutz für die Bahn sehr weit sehen, siehe z.B. hier. Im Urteil wurde auch auf die geringe Überschreitung der Grenzwerte von 5dB abgestellt. Da die Kläger mittlerweile ausgezogen waren, ging es auch eher um Entschädigung als um passive Lärmschutzmaßnahmen.

Da an anderen Streckenabschnitten die Überschreitung deutlich höher ist, bleibt die Frage unbeantwortet, welchen Lärmpegel man bei Bestandsstrecken erdulden muss. Seltsamerweise scheint die Justiz nicht bereit zu sein, einfach einen Grenzwert zu definieren, siehe z.B. hier. Die Justiz verweist auf eine nötige aber offensichtlich nicht vorhandene Festlegung durch die Fachwissenschaft. Somit bleibt der Begriff „verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle“ undefiniert und muss im Einzelfall geklärt werden.

Das Eisenbahnbundesamt und die Bahn verwenden den Begriff „Schwellenwert für eine möglicherweise beginnende Gesundheits- bzw. Eigentumsgefährdung“ und meinen damit einen Pegel ab 60dB(A) nachts (Link). Allerdings liegt der Lärmpegel bei vielen Anwohnern weit über dieser Grenze ohne dass etwas gemacht wird.

Und so bleibt die Rechtslage nach wie vor unklar. Infolgedessen entstehen solche Rechtsfälle, wo ein Amtsgerichtsurteil in der nächsten Instanz kassiert wird. Eigentlich unnötig sollte man meinen.

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