Lärm

Zur Einordnung des Bahnlärms in München haben wir ein Video vorbereitet (15MB).

Die Gesetzeslage dazu ist:

Nach §41 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG):

(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

Nach §1 und §2 der dazugehörigen Verordnung (BImSchV):

§1:

(1) Die Verordnung gilt für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen (Straßen und Schienenwege).

(2) Die Änderung ist wesentlich, wenn 1. eine Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr oder ein Schienenweg um ein oder mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird oder 2. durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 Dezibel (A) oder auf mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder mindestens 60 Dezibel (A) in der Nacht erhöht wird.

Eine Änderung ist auch wesentlich, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder 60 Dezibel (A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff erhöht wird; dies gilt nicht in Gewerbegebieten.

§2:

(1) Zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung sicherzustellen, daß der Beurteilungspegel einen der folgenden Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet:

Tag Nacht
1. an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen 57 Dezibel (A) 47 Dezibel (A)
2. in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten 59 Dezibel (A) 49 Dezibel (A)
3. in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten 64 Dezibel (A) 54 Dezibel (A)
4. in Gewerbegebieten   69 Dezibel (A) 59 Dezibel (A)

Das BImSchG schließt also Fälle aus, wo die Kosten für einen Lärmschutz unverhältnismäßig wären. Die BImSchV listet Fälle einer wesentlichen Änderung auf, wofür die Grenzwerte aus der Tabelle einzuhalten sind.

Fall 1: Ein zusätzliches Gleis ist zwar ein klares Merkmal, aber es wird nicht beschrieben in welchem Gebiet die Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Fall 2: Eine Lärmsteigerung durch einen erheblichen baulichen Eingriff. Jedoch verneint die Rechtssprechung regelmäßig, dass irgendein Eingriff erheblich sei, z.B. ist weder der Einbau von Weichen noch ein neuer Haltepunkt noch eine Umgestaltung von Mittelbahnsteig auf Außenbahnsteig noch eine Erhöhung der Geschwindigkeit noch eine Steigerung der Zugzahl erheblich. Somit dürfte die Frage sich erübrigen, ob die weiteren Bedingungen des Fall 2 erfüllt sind.

Das Eisenbahnbundesamt veröffentlicht Lärmkarten für Schienenwege. Es wird dabei dB-Werte für den Tag und für die Nacht in getrennten Karten gezeigt. Diese Werte werden bisher nach der Norm VBUSch ermittelt, in Zukunft nach dem EU-Standard CNOSSOS. Es handelt sich um errechnete Zahlen basierend auf Zugzahlen welche üblicherweise im Jahr vor der Kartenerstellung gezählt wurden.

Diese Lärmkarten sind also

a) nicht gemessen

b) entsprechen nicht der Messmethode Schall03 welche in der Bundesimmissionsschutzverordnung verwendet wird

c) enthalten keine Prognosen

d) sind über Zeit (Tag/Nacht), Frequenz und Emissionsort gemittelte Werte

Man kann aus Ihnen nicht ablesen, ob der Lärm von wenigen lauten oder vielen nicht ganz so lauten Vorbeifahrten herrührt. Man kann nicht sehen ob der Lärm eher hochfrequent ist (z.B. Bremsenquietschen) oder niederfrequent. Man kann auch nicht sehen aus welcher Richtung der Lärm zu einem kommt.

Dennoch kann man sie als groben Anhaltspunkt sowohl für die Belastung als auch für die Grenzen nach der BImSchV – Schall03 nehmen.

Für alle Verfahren erfolgt die Berechnung nach folgendem Schema:

  1. Die Lärmquellen werden ermittelt als eine Anzahl von Fahrzeugen einer Fahrzeugklasse mit einer Geschwindigkeit entweder durch Zählung im letzten Jahr (VBUSch) oder durch Prognosen (Schall03-Berechnung für das Genehmigungsverfahren). Die Anzahl wird getrennt angegeben für Tag- und Nachtzeitraum, weil dafür verschiedene Grenzwerte gelten
  2. Für jede Fahrzeugklasse (z.B. E-Lok, Diesel-Lok, Güterwaggon, Personenwaggon, S-Bahn-Triebzug) kann man in einer Tabelle nachlesen, welche längenbezogene Emissionen sie erzeugt. Als wichtiger Einflussfaktor ist die Bremse dabei auch anzugeben (z.B. Grauguss vs. Flüsterbremsen). Die Emission wird getrennt ermittelt für die Höhe Null (Rad, Schiene, Aerodynamik, bei CNOSSOS 0,5m), 4m (Aerodynamik und Aggregat) und 5m (Aerodynamik). Sie wird auch getrennt für verschiedene Frequenzen ermittelt, und dabei wird schon die Empfindlichkeit des menschlichen Ohrs für verschiedene Frequenzen berücksichtigt (A-Kurve, daher dB(A)).
  3. Nun werden Korrekturen vorgenommen, z.B. für Geschwindigkeit, Achszahl etc.
  4. Als Ergebnis hat man eine Schallemission für jede Teilstrecke auf 3 verschiedenen Höhen in verschiedenen Frequenzbändern. Der Wert wird für Tag und Nacht getrennt angegeben, aber ansonsten wurde schon über die Zeit gemittelt.
  5. Nun kann man die Schallimmission errechnen, also den ankommenden Schall. Dazu wird eine Abstrahlcharakteristik, die Entfernung, und evtl. Hindernisse, insbesondere Schallschutzwände, berücksichtigt. Es wird auch der Bodeneinfluss berücksichtigt. Falls die Lärmschutzwand zu Reflexionen führt werden auch diese berücksichtigt. Für jede Teilstrecken und jede Höhe (0m, 4m, 5m) wird diese Berechnung gemacht und der Schallpegel ergibt sich aus der Summe der Immissionen jedes Teilstücks.

Auf der Strecke Daglfing-Johanneskirchen sind keine langen Hochgeschwindigkeits-Personenzüge unterwegs. Durch die hohe Anzahl der Güterwaggons und deren Geräuschpegel kommt es hier vor allem auf diese an. Eine Verdopplung bedeutet eine Erhöhung des Schallpegels um 3dB.

Beispiel: wenn 100 Güterzüge mit Länge 700m eine Strecke durchfahren haben sie 9dB höhere Immission zur Folge als wenn 25 Güterzüge mit 350m Länge durchfahren, da die Anzahl der Güterwaggons 8 Mal so groß ist.

Basierend auf den veröffentlichten Immissionzahlen, den Prognosezahlen und der zukünftigen Zuglänge im Verhältnis zur heutigen Zuglänge kann man also etwa abschätzen, welche Immissionslautstärke sich bei verschiedenen Prognosen ergibt. Wenn man jetzt nachts bei 62dB(A) liegt und durch die Erhöhung der Waggons weitere 9dB dazukommen, liegt man bei 71dB(A), und somit 22dB(A) über dem Grenzwert der Immissionsschutzverordnung. Eine aktive Schallmaßnahme müsste den Lärm also 22dB mindern, damit der Grenzwert von 49dB(A) eingehalten wird. Die gesetzlich verordnete Umstellung auf leisere Bremsen wird einen kleinen Beitrag dazu liefern.

Ab hier wird es allerdings komplizierter, da die Dämpfung einer Lärmschutzwand von Frequenz und Ort der Emission und Immission abhängt. Generell gilt dass Lärmschutzwände höhere Frequenzen stärker dämpfen, dass sie wirksamer sind für Schall welcher auf Höhe 0m ausgesendet wird als für Schall auf Höhe 4m oder 5m, dass sie wirksamer sind je näher sie an den Gleisen stehen, und dass sie wirksamer sind je niedriger der Immissionspunkt liegt.

Eine weitere Möglichkeit ist das besonders überwachte Gleis, d.h. ein Gleis was durch Überwachung und Schleifen möglichst glatt bleibt, wodurch Emissionen der Schiene reduziert werden.

Ferner rüstet die Deutsche Bahn ihre Güterwaggons auf leisere Bremssysteme um (K-Sohle, LL-Sohle). Güterwaggons anderer Länder sollen per Kostenvorteil bzw. per Verbot dazu bewegt werden, auch leisere Bremsen einzusetzen. In Polen regt sich dazu aber Widerstand, und durch Italien könnte sich die Umrüstung verzögern.

Lärmkarten:

EBA: http://laermkartierung1.eisenbahn-bundesamt.de/mb3/app.php/application/eba

Stadt München: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Gesundheit-und-Umwelt/Laerm/Laermminderungsplanung/Laermkartierung.html

Deutsche Bahn, Lärmmonitoring Rosenheim: https://www.laerm-monitoring.de/mittelung?mp=17

Lärmmonitoring Göppingen: https://www.laerm-monitoring.de/mittelung?mp=14

Lärmkartierung CNOSSOS: https://gis.uba.de/maps/resources/apps/laermkartierung/index.html?lang=de

Gesetze und Berechnung:

BImSchG: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/

BImSchV: http://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_16/

BImSchV Schall03: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_16/anlage_2.html

Testaufgaben: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/E/verkehrslaermschutzvo-schall-03-testaufgaben.pdf?__blob=publicationFile

VBUSch: https://www.umwelt-online.de/recht/laerm/vbusch_ges.htm

Informationen der Bahn und aus der Presse:

Schallschutzsimulation DB Bamberg: https://www.knoten-bamberg.de/echtzeit#echtzeit

Bahn: Umrüstung der Bremsen: https://www.dbcargo.com/rail-deutschland-de/unsere-leistungen/vorteil-schiene/laermminderung-1694914

Polen und Italien gefährden Bremsumrüstung: https://www.dvz.de/rubriken/politik/detail/news/zeitplan-fuer-bekaempfung-von-bahnlaerm-in-gefahr.html

Portal Schienenlärm: https://www.portal-schienenlaerm.de/ueber-uns/

Deutsche Bahn: https://static.deutschebahn.com/www1.deutschebahn.com/laerm/ecm-interactive-schallschutzprogramm/ls_by.html

Lärmsanierung: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/E/laermvorsorge-und-laermsanierung.html